Viele Patienten, die bei Dermatologen vorstellig werden, weisen Aspekte einer systemischen Erkrankung auf. Im Gegenzug dazu werden häufig Dermatologen bei systemischen Erkrankungen mit kutanen Manifestationen um Rat gebeten. Psoriasis-Arthritis ist wahrscheinlich das bekannteste Beispiel einer Erkrankung mit dermatologischen und rheumatologischen Manifestationen bei einer einzigen zugrunde liegenden Pathologie.
Von Prof. Gerd Plewig, Abteilung für Dermatologie, Universität München, wurde eine Gruppe dermatologischer Syndrome erörtert. Diese umfassten SAPHO (Synovitis, Akne, Pustulosis palmoplantaris, Hyperostose, Osteitis), PAPA (pyogene Arthritis, Pyoderma gangraenosum, Akne), PASH (Pyoderma gangraenosum, Akne, suppurative Hidradenitis), PAC (Pyoderma gangraenosum, Akne, Colitis ulcerosa) und PAPASH (pyogene Arthritis, Pyoderma gangraenosum, Akne, suppurative Hidradenitis). Diese Syndrome geben wichtige Einblicke in die Zusammenhänge zwischen genetischen Mutationen, Entzündung und Erkrankungen, die das Bindegewebe betreffen (Tabelle 1). Am wichtigsten ist dabei, dass antientzündliche Therapien neue Hoffnung für die Behandlung dieser Erkrankungen geben.
Diese autoinflammatorischen Erkrankungen stehen häufig in Zusammenhang mit genetischen Anomalien, die gegebenenfalls mit genetischen Tests erkannt werden können. Die bisher identifizierten ursächlichen Mutationen treten in Genen auf, die letztendlich Inflammasome regulieren. Dabei handelt es sich um angeborene Immunkomplexe, die die Caspase‑1-Aktivierung regulieren und die Bildung des proinflammatorischen Zytokins Interleukin(IL)‑1ß induzieren. Eine auf IL‑1ß gerichtete Therapie hat sich bei diesen Erkrankungen als erfolgreich erwiesen.
Insbesondere zwei Krankheitsbilder, Acne fulminans und das SAPHO‑Syndrom, wurden von Gerd Plewig diskutiert (Tabelle 2). Ihre Symptome können zu Besuchen bei unterschiedlichen Fachärzten führen, was von der Gelenkbeteiligung oder dem Vorliegen von Hautläsionen abhängt. Die Symptome besitzen eine deutliche Schnittmenge, unabhängig davon, welcher Facharzt aufgesucht wird. Dieser Tatsache müssen sich die entsprechenden Fachärzte bewusst sein.
Die Acne fulminans ist durch eine ulzerative Akne mit fulminantem Einsetzen gekennzeichnet. Letzterem verdankt sie ihre Bezeichnung „fulminans“ (Tabelle 2). Betroffen sind überwiegend Männer, die Fieber, Leukozytose, erhöhte Erythrozytensenkungsreaktion (ESR) und erhöhtes C‑reaktives Protein (CRP), zirkulierende Immunkomplexe, Hepatosplenomegalie, Arthritis, osteolytische Knochenläsionen und ein Erythema nodosum aufweisen können. Die Patienten sind häufig im Alter von 14 bis 18 Jahren und leiden zum Zeitpunkt des Arztbesuchs unter schweren Schmerzen. Häufig ziehen sie es wegen ihrer Schmerzen vor, zu stehen. Wenn sie sitzen, kann es eine gewisse Zeit dauern, bis sie wieder aufrecht stehen können. Zur Diagnostik der Acne fulminans gehört eine Knochenszintigrafie. Die Therapie besteht aus sofortiger Gabe von systemischen Steroiden und anschließender Behandlung mit Isotretinoin. Es ist wichtig, die Patienten nicht gleich mit Isotretinoin zu behandeln, da die sofortige Einleitung einer Isotretinoin-Therapie die Erkrankung verschlimmern kann.
Das SAPHO-Syndrom (Tabelle 1) repräsentiert das Spektrum entzündlicher Knochenerkrankungen. Patienten suchen auch wegen ihrer Gelenkschmerzen wahrscheinlich zuerst einen Rheumatologen auf.
Wenn der Rheumatologe Läsionen auf der Haut entdeckt, zieht er oft einen Dermatologen zu Rate, um mit ihm zusammen eine exakte Diagnose zu stellen. Das SAPHO-Syndrom hat zwei Krankheitsmuster: das Muster einer Entzündung und das Muster eines Knochen-Remodellings. Es tritt häufig bei Kindern und jungen Erwachsenen auf und kann mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED), wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa, assoziiert sein. Das SAPHO-Syndrom ist durch starke humorale und zelluläre Entzündung charakterisiert. Die Diagnose basiert auf dem Vorliegen von chronisch rezidivierender multifokaler Osteomyelitis mit oder ohne Hautmanifestationen, akuter/chronischer steriler Arthritis mit pustulöser Psoriasis, palmoplantarer Pustulose, schwerer Akne und steriler Osteitis mit Hautmanifestationen. Die Patienten sollten mit Steroiden und anschließend mit Isotretinoin behandelt werden.
Die Hidradenitis suppurativa (HS), gelegentlich auch als suppurative Hidradenitis oder Acne inversa bezeichnet, ist eine autoinflammatorische Erkrankung, die mit einer von den Terminalhaaren ausgehenden Follikulitis assoziiert ist. Trotz der Bezeichnung „Acne inversa“ ist die Hidradenitis keine Form der Akne, da sie die Terminalhaarfollikel und nicht die Talgdrüsenfollikel befällt. Sie ist durch die Bildung von Abszessen, die von mit Epithel ausgekleideten Fistelgängen durchzogen sind, sowie durch Fistelgänge in Achselhöhlen, Leistengegend und am Gesäß gekennzeichnet. Es kann zu bakterieller Superinfektion mit übelriechender Sekretion sowie zur Entwicklung von dermalen Kontrakturen kommen. In seltenen Fällen kann sich ein Plattenepithelkarzinom, insbesondere in den Analfalten, entwickeln, das zu folgenschweren Metastasen und zum Tod führen kann. In frühen Stadien können begrenzte Bereiche der Erkrankung chirurgisch exzidiert werden. Einige Forschungsarbeiten weisen darauf hin, dass möglicherweise Mutationen in Genen, die für Schlüsselkomponenten der Gamma-Sekretase kodieren, an der Pathogenese der HS beteiligt sind.
Zwischen CED (Morbus Crohn und Colitis ulcerosa) und Hidradenitis suppurativa besteht ein enger Zusammenhang. In einer Studie aus dem Jahr 2010 von Van der Zee et al. mit 158 CED-Patienten betrug die Prävalenz der HS 16 %. Eine Studie aus dem Jahr 2014 (van der Zee et al.) mit 909 CED‑Patienten stellte eine Prävalenz von HS bei 23 % der Patienten fest. Eine CED wird üblicherweise mit TNF‑α‑Inhibitoren behandelt.
In den vergangenen Jahren haben Wissenschaftler weitere Syndrome identifiziert, deren Anzeichen und Symptome auf Autoinflammation hindeuten. Sie sind in Tabelle 2 aufgelistet.
Von diesen Syndromen und dem SAPHO-Syndrom nimmt man an, dass sie zum klinisch-pathologischen Spektrum der autoinflammatorischen Erkrankungen gehören. Sie zeichnen sich durch eine abnorme Aktivierung der angeborenen Immunität aus. Die Syndrome haben eine gemeinsame Ätiologie, bei der möglicherweise Mutationen im Gen PSTPIP1 (Prolin–Serin–Threonin-Phosphatase-interagierendes Protein 1) eine Rolle spielen. Dies führt zu einer erhöhten Bindungsaffinität zu Pyrin, was die vermehrte Bildung von Inflammasomen fördert.
Alle Syndrome sprechen wahrscheinlich auf Arzneimittel an, die die IL‑1‑Signalgebung blockieren. Eines dieser Arzneimittel ist Anakinra, das erfolgreich zur Behandlung vieler der Erkrankungen eingesetzt wurde. Anakinra ist ein rekombinanter humaner IL‑1β‑Antagonist. Er ist angezeigt zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis (RA) und von Cryopyrin-assoziierten periodischen Syndromen (CAPS). Für die Therapie der SAPHO-, PAPA-, PAPASH-, PASH- und PAC‑Syndrome ist Anakinra allerdings nicht zugelassen. Mit Anakinra verbundene Nebenwirkungen sind Reaktionen an der Injektionsstelle, Kopfschmerzen, Neutropenie und bakterielle Infektionen. Es ist jedoch nicht mit der Reaktivierung einer latenten Tuberkulose assoziiert.
Canakinumab ist ein weiterer IL‑1β‑Blocker, der bei diesen autoinflammatorischen Syndromen Off-Label angewendet werden kann.